Bundeswettbewerb Jugend forscht: Mathematik-Projekt räumt 4. Preis ab
Drei Studierende im 2. Semester des Mathematikstudiums auf der Suche nach Polyedern, deren Projektionen Platonische Körper sind.
Vom 30. Mai bis 2. Juni fand der diesjährige Bundeswettbewerb Jugend forscht in Leverkusen statt. In diesem Jahr war auch die OVGU dabei - vertreten durch die Mathematik-Studenten Dominik Ermel, Jonas Frede und Jan David Schneider mit ihrem Projekt Platonische Körper als Projektionen kompakter Polyeder. Das zunächst theoretisch anmutende Projekt kommt aus dem sehr anwendungsnahen Gebiet der Linearen Optimierung, die nicht zuletzt aufgrund des berühmten Simplex-Algorithmus jedem fortgeschrittenen Wirtschaftsstudenten ein Begriff sein dürfte. Die dort zu lösenden Probleme bestehen aus linearen Ungleichungen sowie einer linearen Zielfunktion. Moderne mathematische Software ist heutzutage zwar in der Lage, Lineare Optimierungsprobleme mit hunderttausenden solcher Ungleichungen binnen einiger Sekunden oder Minuten zu lösen, |
aber da Lineare Optimierungsprobleme immer häufiger als Unterprobleme auftreten, besteht nach wie vor Verbesserungsbedarf. Um diese Probleme zu verstehen, untersucht man die Struktur der Lösungsmenge - ein Polyeder, bei dem jede Ungleichung eine Seitenfläche beschreibt. Zur Verbesserung der Optimierung über einem gegebenen Polyeder P mit sehr vielen Seitenflächen kann man versuchen, ein anderes Polyeder mit wesentlich weniger Seitenflächen zu finden, welches projiziert wieder P ergibt. Die minimale Anzahl an Seitenflächen eines solchen anderen Polyeders nennt man Erweiterungskomplexität von P. Im Bild sieht man ein einfaches Beispiel - hier wird ein 2-dimensionales Polyeder mit 6 Seitenflächen (also ein 6-Eck) als Projektion eines 3-dimensionalen Polyeders mit nur 5 Seitenflächen beschrieben. Die Einsparung ist hier natürlich gering, kann aber im Allgemeinen sehr groß sein. Ein Beispiel aus der Praxis ist z.B. das Spannbaumpolytop der Ordnung n. Dieses beschreibt die Menge aller aufspannenden Bäume im vollständigen Graphen mit n Knoten. Obwohl es ca. 2n Seitenflächen hat, gibt es eine Beschreibung mit nur n3 Seitenflächen. Mit genau dieser Frage beschäftigten sich die Studenten, wobei sie für P die fünf Platonischen Körper wählten. Diese sind zwar grundsätzlich einfacher als solche, die in den Anwendungen der Mathematik auftreten, es bot sich dennoch ein ausreichender Forschungsspielraum. |
Die Erweiterungkomplexitäten von Tetraeder, Würfel und Oktaeder kann man mit den bekannten Techniken zwar ermitteln, aber über Ikosaeder und Dodekaeder ist in dieser Hinsicht noch nichts bekannt, außer dass die Erweiterungskomplexität bei beiden Polyedern gleich ist. Im Rahmen des Projektes arbeiteten sie sich bereits während ihres 1. Semesters in die notwendige Polyedertheorie ein, lernten Techniken zur Analyse der Erweiterungskomplexität kennen und wendeten diese an. Dabei fanden sie einen recht einfachen Beweis dafür, dass es keine Erweiterung von Ikosaeder bzw. Dodekaeder mit weniger als 6 Seitenflächen geben kann. Mit Hilfe intensiver Berechnungen am Computer können auch die Fälle mit 6,7 oder 8 Seitenflächen ausgeschlossen werden; allerdings ist noch kein anschaulicher Beweis dafür bekannt. Da das Ikosaeder selbst 12 Seitenflächen hat, liegt die tatsächliche Erweiterungskomplexität also zwischen 9 und 12. |
Matthias Walter und Stefan Weltge
"Unser Ausstellungsstand war in der Premium-Lounge der BayArena!"
Im Vorfeld war uns nicht bekannt, dass die Möglichkeit besteht, als Studierende im 1. Semester noch bei Jugend forscht teilzunehmen. Matthias Walter, einer unserer späteren Betreuer, hat sich dann in einer Vorlesung vorgestellt und gefragt, ob jemand Interesse hätte, an diesem Wettbewerb mitzumachen. Wir haben uns dann mit Matthias und Stefan Weltge für ein Thema entschieden, dessen Grundlagen uns von den beiden in den darauffolgenden Wochen in kleinen Privatvorlesungen genauer erläutert wurden. Die beiden standen uns außerdem bei Fragen zum Wettbewerb oder aber der Gestaltung des für den späteren Wettbewerb notwendigen Posters stets mit offenen Ohren zur Verfügung. Natürlich war auch die eigenständige Verfassung der schriftlichen Arbeit ein wichtiger Teil, die wir im Wesentlichen gemeinsam über mehrere Wochen erledigt haben. Kurze Zeit später war es dann auch so weit: Der Beginn des Regional- sowie Landeswettbewerbs stand vor der Tür. Wir haben auf diesen beiden Wettbewerbsrunden bereits spannende Projekte kennenlernen können, und mussten unsere |
Arbeit erstmalig vor Juroren präsentieren, bzw. das Wesentliche unseres Projektes frei zusammenfassen. Am Ende des Landeswettbewerbs erhielten wir dann die gute Nachricht, dass wir trotz sehr kritischer Fragen der Jury den Landessieg erringen konnten, und somit die Eintrittskarte für den Bundeswettbewerb Jugend forscht in der Hand hielten. Am meisten sind uns wohl die vier spannenden Tage des Bundeswettbewerbs in Leverkusen in Erinnerung geblieben. Angefangen bei der hervorragenden Unterkunft - inklusive sehr leckerer Verpflegung - bis hin zur eigentlichen Ausstellung des Projektes war jeder einzelne Wettbewerbstag ein Highlight. Besonders erwähnenswert waren die exklusive Location der BayArena, das vielfältige Rahmenprogramm, das uns unter anderem zum Kölner Dom und ins Deutsche Sport & Olympia Museum führte, sowie die unglaublich innovativen und qualitativ hervorragenden Projekte der anderen Teilnehmer. Am zweiten Tag fanden die zwei Juryrundgänge statt, in denen wir die Fragen der durchgängig interessierten Juroren beantworten und einige Anmerkungen bekommen konnten. |
Selbstverständlich mussten wir unser Projekt auch der Öffentlichkeit und anderen Gästen präsentieren. Dort geschah ein reger Austausch zwischen uns und interessierten Besuchern, und manche wollten sogar unsere schriftliche Fassung zugeschickt bekommen. Den Abschluss bildeten weitere Höhepunkte, u.a. die Verleihung der Sonderpreise in eleganter Atmosphäre und dann am darauffolgenden Tag schließlich die Vergabe der von der Jury vergebenen Preise in der BayArena. |
Dominik Ermel, Jonas Frede und Jan David Schneider